Weitere Übernahme von Thalia: Bundeskartellamt genehmigt Erwerb von buecher.de trotz bedeutender Marktposition und erheblicher Nachfragemacht, auch wegen Amazon
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Insight

Weitere Übernahme von Thalia: Bundeskartellamt genehmigt Erwerb von buecher.de trotz bedeutender Marktposition und erheblicher Nachfragemacht, auch wegen Amazon

Lea Josten
11/11/2024

Locations

Germany

Am 5. November 2024 hat das Bundeskartellamt (BKartA) der Thalia Bücher GmbH (Thalia) grünes Licht für die Übernahme sämtlicher Vermögenswerte der insolventen buecher.de GmbH & Co. KG (bücher.de) gegeben. Thalia sei zwar das mit Abstand größte stationäre Buchhandelsunternehmen in Deutschland und verfüge über eine erhebliche Nachfragemacht, jedoch bestehe mit Amazon ein deutlich größerer Wettbewerber im Onlinehandel. Der Erwerb umfasst den kompletten Geschäftsbetrieb einschließlich Kundenbeziehungen, Marken und Domains des reinen Online-Händlers.


Die Unternehmen

Die Thalia-Gruppe ist nach Ansicht des BKartA das mit Abstand größte stationäre Buchhandelsunternehmen in Deutschland.  Thalia beschäftigt in der DACH-Region rund 6.800 Mitarbeiter. Insgesamt zählen mittlerweile mehr als 500 Buchhandlungen zum Netzwerk des Unternehmens, davon knapp 400 eigene Thalia-Läden. Der sog. "Tolino Allianz", die Thalia 2013 mitgründete, sind bis heute rund 2.000 Buchhandlungen angeschlossen. 

Buecher.de beschäftigt am Standort Augsburg 34 Mitarbeiter und erzielte im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von rund 60 Mio. Euro. Im Juli 2024 musste das Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen.


Hintergrund – Vorherige Übernahme von Weltbild

Der vorliegenden Übernahme ist der Erwerb von Vermögensgegenständen der insolventen Weltbild GmbH & Co. KG durch Thalia vorangegangen. Diese hatte das BKartA am 16. September 2024 freigegeben. Thalia übernahm die Kundenbeziehungen aus dem Weltbild Onlineshop und den von Weltbild verkauften E-Readern der Marke Tolino sowie die Weltbild-Marken und Domains. Nicht von der Übernahme umfasst waren die Ladengeschäfte.

In diesem Zusammenhang hatte sich das BKartA näher mit der Wettbewerbssituation beim Absatz von E-Books befasst. Auch hier war zu berücksichtigen, dass beim Vertrieb von E-Books in Deutschland insgesamt Amazon den ganz überwiegenden Teil des gesamten Absatzvolumens auf sich vereint. Höhere Marktanteile von Thalia oder Weltbild ergäben sich nach Ansicht des BKartA nur bei einer separaten Betrachtung der Plattform Tolino. Diese sei zwar als offenes System konzipiert, allerding stünden die von Amazon für den Kindle angebotenen Bücher für den Tolino wegen der Nutzung eines proprietären Kindle-Formats nicht zur Verfügung. Letztlich haben sich hieraus keine durchgreifenden wettbewerblichen Bedenken ergeben. 


Das Prüfungsverfahren

Die kartellrechtliche Prüfung der Übernahme von bücher.de konnte hierbei bereits in der ersten Phase abgeschlossen werden. Der Präsident des BKartA sagte hierzu:

"Wir haben uns in diesem Fall schwerpunktmäßig den Beschaffungsmarkt für Bücher genauer angesehen, auf dem Thalia eine wichtige Rolle für die Verlage spielt.

Wir konnten den Zusammenschluss aber letztendlich noch in der ersten Phase freigeben. Für die Freigabe war unter anderem maßgeblich, dass der beschaffungsseitige Zuwachs durch buecher.de sehr gering ist und weitere starke Nachfrager bzw. Nachfragergruppen vorhanden sind. Auf der Absatzseite existiert mit Amazon ein deutlich größerer Wettbewerber beim Onlinehandel, sodass der Erwerb der kleinen buecher.de keine wettbewerblichen Probleme erwarten ließ.“

Diese Einschätzung gelte auch, wenn man den vorangehenden Erwerb der Weltbild-Assets miteinbeziehe. Zwar ist die Thalia-Gruppe nach Einschätzung des BKartA das mit Abstand größte stationäre Buchhandelsunternehmen in Deutschland und verfügt über eine erhebliche Nachfragemacht gegenüber den Verlagen und dem Großhandel. Hierzu ordnete Andreas Mundt ein: „Thalia verfügt über eine bedeutende Marktposition im stationären Buchhandel und ist der größte Omnichannel-Anbieter".

Mit Blick auf Amazon führte das BKartA aus, dass Thalia sich aber insbesondere durch die bundesweit, oft in Innenstadtlagen vorhandenen Ladengeschäfte unterscheide und damit einen anderen Zugang zu Endkunden als Amazon habe. Dieser könne beispielsweise für die Bewerbung neuer Bücher bei ihrer Markeinführung von besonderer Bedeutung sein und könne ebenfalls erheblichen Einfluss auf die Verhandlungsposition von Thalia gegenüber Verlagen und Barsortimentern haben.

Auch bei Betrachtung eines etwaigen Gesamtmarkts für den stationären und den Onlineabsatz von Büchern stünden Kunden mit den unabhängigen Buchhändlern und anderen Buchhandelsketten wie Hugendubel und dem Onlinehandel ausreichend Alternativen zur Verfügung.


Kommentar

Es ist die zweite Übernahme von Thalia innerhalb kürzester Zeit. Das BKartA sah dennoch keine wettbewerblichen Probleme auf dem Markt des Bücher-Onlinehandels, was zum großen Teil durch die Marktmacht des Online-Riesen Amazon begründet sein dürfte. Das Bundeskartellamt hatte bereits im Juli 2022 in einer Entscheidung nach der neuen Vorschrift des § 19a GWB festgestellt, dass Amazon ein Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb ist und somit der erweiterten Missbrauchsaufsicht unterliegt. Dies bestätigte im Anschluss auch der BGH nach einer Beschwerde von Amazon. Gleichermaßen war auch der immer noch bestehende breit gestreute stationäre Bücherhandel von Relevanz.


Weiterführende Links

Pressemitteilung des BKartA betreffend die Übernahme von buecher.de durch Thalia (04. November 2024)

Pressemitteilung des BKartA betreffend des Erwerbs von Vermögensgegenständen der Weltbild GmbH & Co. KG durch Thalia (16. September 2024)

Spezialgebiete

Kartellrecht