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Die rechtlichen Rahmenbedingungen für geistiges Eigentum (IP) und Wettbewerb in der EU stehen vor wichtigen Veränderungen. Im Jahr 2025 treten zahlreiche neue Verordnungen und Richtlinien in Kraft, die Unternehmen vor Herausforderungen stellen werden. In diesem Insight fassen wir für Sie die wichtigsten Gesetzesinitiativen zusammen.
1) EU-Designreform: Modernisierung für die digitale Welt
Die EU-Designreform führt das Designrecht ins 21. Jahrhundert und ersetzt endlich den altmodischen Begriff des Gemeinschaftsgeschmacksmuster durch das neue Wording “Unionsdesign”. Ziel ist es, das Designrecht fit für die digitale Welt zu machen.
Wesentliche Neuerungen:
- Erweiterung des Designbegriffs auf digitale Elemente wie Animationen, NFTs und Metaverse-Objekte.
- Schutz sowohl von von physischen als auch rein digitalen Erzeugnissen, z. B. grafische Benutzeroberflächen und virtuelle Räume in Computerspielen.
- Einführung einer Reparaturklausel, die den Schutz einzelner Bauteile einschränkt und so den Wettbewerb bei Ersatzteilen fördern soll. In Deutschland gibt es mit § 40a DesignG schon eine ähnliche Regelung.
📌 Zeitplan:
- Die Verordnung gilt ab dem 1. Mai 2025.
- Die dazugehörige Design-Richtlinie muss bis Ende 2027 in nationales Recht umgesetzt werden.
2) Neue Verordnung zum Schutz geographischer Angaben für handwerkliche und gewerbliche Erzeugnisse (VO 2023/2411)
Zum Schutz traditioneller Handwerks- und Industriegüter tritt eine EU-Verordnung für geographische Herkunftsangaben (sog. CIGIs) in Kraft. Produkte wie Messer aus Solingen oder Limoges-Porzellan erhalten damit einen besonderen Schutz, wie es ihn bisher bereits für Lebensmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse gab.
Kernpunkte der Verordnung:
- Die Registrierung erfolgt auf nationaler Ebene beim DPMA mit anschließender Prüfung durch das EUIPO.
- Die Schutzmechanismen umfassen im deutschen Gesetzesentwurf Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche sowie Bußgeldvorschriften.
- Einführung einer EU-weiten Datenbank (GI Hub) für geschützte geographische Angaben.
📌 Zeitplan:
- Die Verordnung gilt ab 1. Dezember 2025.
Seit Mai 2024 gilt bereits die neue EU-Verordnung über geographische Angaben für Wein, Spirituosen und landwirtschaftliche Erzeugnisse (VO 2024/1143). Diese harmonisiert die bisherigen Regelungen zu geschützten geografischen Angaben, geschützten Ursprungsbezeichnungen und garantiert traditionellen Spezialitäten und vereinfacht das Eintragungsverfahren.
3) Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel (EmpCo-RL 2024/825)
Die EmpCo-RL 2024/825 zielt auf mehr Transparenz bei Green & Social Claims ab. Zudem stärkt sie Verbraucherrechte durch bessere Informationen zu Haltbarkeitsgarantien und Reparaturmöglichkeiten. Sie ist der erste Teil einer umfassenden Reform der Umwelt- und Nachhaltigkeitswerbung. Das BMJ hat Ende 2024 einen ersten Umsetzungsentwurf für die UWG-Änderungen vorgelegt.
Wichtige Änderungen:
- Verbot vager Aussagen über künftige Umweltleistungen, wenn sie nicht durch klare, objektive, öffentlich zugängliche und überprüfbare Verpflichtungen gestützt werden, die in einem realistischen Umsetzungsplan festgehalten sind und von einem externen Sachverständigen regelmäßig überprüft werden.
- Striktere Anforderungen an Nachhaltigkeitssiegel: Sie müssen staatlich festgesetzt oder auf einem von externen Dritten überwachten Zertifizierungssystem beruhen. Andere private Siegel sind zukünftig generell verboten.
- Verbot allgemeiner Umweltaussagen (z.B. grün, umweltfreundlich, ökologisch, umweltgerecht, klimafreundlich, energieeffizient), wenn keine anerkannte hervorragende Umweltleistung nachgewiesen wird. Spannend wird hier insbesondere die Abgrenzung zu spezifischen Umweltaussagen, die nicht unter die Richtlinie fallen.
- Verbot von Neutralitätsaussagen (z. B. „CO2-neutral“), falls diese nur durch Kompensation erreicht werden.
📌 Zeitplan:
- In Kraft getreten: 27. März 2024
- Verbindlich für Unternehmen ab 27. September 2026.
4) Green Claims-Richtlinie (Kommissionsentwurf): Neue Maßstäbe für Umweltwerbung
Die Green Claims-Richtlinie ist die zweite Säule der Neuregelung von Umweltwerbung und wäre ein absolutes Novum im Wettbewerbsrecht. Hierbei geht es um eine Verschärfung der Anforderungen an Werbeversprechen zu Nachhaltigkeit bei spezifischen Umweltaussagen. Das genaue Zusammenspiel mit der EmpCo-RL ist jedoch unklar und wird vielfach kritisiert.
Geplante Änderungen laut Kommissionsentwurf:
- Vorab-Zertifizierungspflicht für alle ausdrücklichen Umweltclaims (auch Markennamen oder logoartige Gestaltungen können erfasst sein) durch unabhängige Stellen.
- Einhaltung von Mindeststandards bei Umweltaussagen: Diese müssen wissenschaftlich belegt sein, den Gesamtzyklus des Produkts betrachten und dürfen keine Pauschalbewertung des gesamten Produkts sein.
- Verbot unternehmenseigener Gütesiegel, sofern diese nicht höhere Standards als bestehende Labels setzen und wenn diese vorab genehmigt und regelmäßig von Dritten überwacht werden.
- Sanktionsmechanismen durch die Mitgliedsstaaten bei Verstößen, z.B. Bußgelder.
📌 Zeitplan:
-
Trilog-Verhandlungen starten wohl Anfang 2025, Geltung frühestens in 2027.
Insgesamt ist hier noch sehr viel im Fluss und es bleibt abzuwarten, wohin die Trilog-Verhandlungen führen.
5) KI-Verordnung (VO 2024/1689): Neue Transparenzpflichten für KI-Anwendungen
Die KI-Verordnung (VO 2024/1689) gilt für Anbieter und Nutzer von KI-Systemen, unterteilt die Systeme in Risikoklassen mit unterschiedlich strengen Anforderungen hinsichtlich Zertifizierung und Inverkehrbringen. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht sind insbesondere die zahlreichen Transparenz- und Informationspflichten interessant, die als Marktverhaltensregelungen nach § 3a UWG einzuordnen sein dürften und ggf. auch über §§ 5a, b UWG relevant sein können.
📌 Zeitplan:
- Geltung schrittweise von Februar 2025 bis August 2026.
6) Neue Verbraucherrechte: Richtlinie zur Förderung der Reparatur von Waren (2024/1799)
Die Richtlinie 2024/1799 stärkt das Recht auf Reparatur außerhalb der Gewährleistungsfrist und verpflichtet Hersteller, Importeure und Händler zu klaren Informationen über Reparaturmöglichkeiten. Aus wettbewerbs-rechtlicher Sicht enthält die Richtlinie einige Informationspflichten. So müssen Informationen über Reparatur- dienstleistungen leicht zugänglich, klar und verständlich für die gesamte Dauer der Reparaturverpflichtung bereitgestellt werden (Art. 6).
📌 Zeitplan:
- Umsetzung in deutsches Recht bis 31. Juli 2026.
7) Produktsicherheitsverordnung (VO 2023/988): Neue Regeln für Verbraucherprodukte
Die neue Produktsicherheitsverordnung (VO 2023/988) ersetzt die bisherige Produktsicherheitsrichtlinie und regelt allgemeine Anforderungen an die Sicherheit von Verbraucherprodukten. Sie bringt erweiterte Sicherheitsanforderungen auch für Händler und Anbieter von Online-Marktplätzen. Aus wettbewerbs-rechtlicher Sicht sind auch hier Informationspflichten enthalten, die als Marktverhaltensregelungen nach § 3a UWG einzustufen sein könnten (etwa Art. 19, 22).
📌 Zeitplan:
- Gilt bereits seit 13. Dezember 2024.
8) Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Neue Verpflichtungen für den Online-Handel
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) setzt den European Accessability Act um und betrifft nahezu den gesamten Online-Handel. Es verpflichtet Online-Shops zur barrierefreien Gestaltung, was erhebliche technische Anpassungen erfordert. Auch das BFSG kann über § 3a UWG eine Rolle spielen, wenn etwa Mitbewerber oder Verbraucherschutzzentralen Verstöße hiergegen abmahnen.
📌 Zeitplan:
- Inkrafttreten ab 28. Juni 2025.
Fazit: Die kommenden Gesetzesänderungen im IP- und Wettbewerbsrecht haben weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen. Insbesondere die neuen Regelungen zur Umweltwerbung erfordern frühzeitige Anpassungen, um Rechtskonformität sicherzustellen. Zu beachten sind auch die zahlreichen kleinteiligen Informations- und Kennzeichnungspflichten. Unternehmen sollten ihre Produkte und Dienstleistungen daher rechtzeitig unter die Lupe nehmen und ggf. anpassen.