Der elektronische Widerrufsbutton kommt – worauf Unternehmen achten müssen
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Insight

Der elektronische Widerrufsbutton kommt – worauf Unternehmen achten müssen

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Ab Juni 2026 ist es soweit: Unternehmen, die Verbrauchern einen Online-Vertragsschluss anbieten, müssen auf ihrer Webseite einen Widerrufsbutton vorhalten. Das Bundesjustizministerium hat jüngst den Gesetzesentwurf dazu vorgelegt. Wir erläutern, was Unternehmen bei der Umsetzung beachten müssen.

Was gilt ab Juni 2026?

Der neue § 356a BGB verpflichtet Unternehmen ab 19. Juni 2026, eine zweistufige elektronische Widerrufsfunktion bereitzustellen, wenn sie Verbrauchern den Abschluss von Online-Verträgen ermöglichen. Verbraucher sollen im Internet geschlossene Verträge künftig schnell und einfach widerrufen können.  Diese Neuregelung geht zurück auf die EU-Richtlinie 2023/2673 zur Änderung der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU und Abschaffung der Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen. Ziel des EU-Gesetzgebers ist eine europaweit „funktionierende und leicht zugängliche“ elektronische Widerrufsmöglichkeit, damit Verträge ebenso leicht widerrufen wie abgeschlossen werden können. Die Regelung gilt nicht nur für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen, sondern für Online-Verträge hinsichtlich aller Waren und Dienstleistungen, für die ein Widerrufsrecht vorgesehen ist.

Ähnlich wie beim Kündigungsbutton, der jetzt schon verpflichtend ist, muss auch der Online-Widerruf mehrstufig ausgestaltet werden:

  1. Unternehmen müssen auf ihrer Webseite eine hervorgehobene Schaltfläche bereithalten, die mit den Worten „Vertrag widerrufen“ oder einer ähnlich eindeutigen Formulierung beschriftet ist . Dieser "Widerrufsbutton" muss jederzeit während der gesetzlichen Widerrufsfrist auffindbar und leicht zugänglich sein.
     
  2. Bei Klick auf den Widerrufsbutton muss der Verbraucher zu einer Seite weitergeleitet werden, wo er in einem strukturierten Formular Angaben zum Namen, zur Identifizierung des Vertrags, der widerrufen werden soll, und zur Kontaktmöglichkeit eintragen kann. Diese Seite muss mit einer weiteren Schaltfläche abschließen, die gut lesbar mit den Worten "Widerruf bestätigen" oder einer ähnlich eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Durch Klick auf diesen Button übermittelt der Verbraucher seine Widerrufserklärung.
     
  3. Nach Übermittelung der Widerrufserklärung über den Button muss das Unternehmen dem Verbraucher eine automatisierte Eingangsbestätigung auf einem dauerhaften Datenträger (z. B. E-Mail oder PDF) übermitteln. Die Bestätigung muss Informationen zu Inhalt, Datum und Uhrzeit des Eingangs der Widerrufserklärung enthalten.

Als notwendige Folgeänderung sind auch die Informationen in der Widerrufsbelehrung anzupassen. Hierzu enthält Anlage 1 zum EGBGB neue Gestaltungshinweise.

Ein über dieses Verfahren erklärter Widerruf gilt rechtlich als fristwahrend, sobald er innerhalb der Widerrufsfrist abgesendet wurde – unabhängig davon, wann er vom Unternehmen gelesen wird.
 

Technische und praktische Herausforderungen bei der Umsetzung

Die Umsetzung dieser Anforderungen wirft für Unternehmen jedoch einige Herausforderungen auf.

Es ist ratsam, die Transparenzanforderungen der neuen Vorschrift zu befolgen und den Widerrufsbutton nicht zu verstecken, sondern gut sichtbar z.B. im Footer der Hauptwebseite zu platzieren.

Der Referentenentwurf verlangt, dass der Widerrufsbutton ständig und leicht zugänglich bereitgehalten wird. Nicht zu empfehlen ist, dass der Verbraucher sich erst einloggen oder authentifizieren muss, bevor der Widerrufsbutton angezeigt wird. Nur dann, wenn der ursprüngliche Vertrag ausschließlich über eine App oder ein Kundenkonto geschlossen werden konnte, wäre es zulässig, den Widerrufsbutton an ein Herunterladen der App oder ein Login ins Kundenkonto zu knüpfen. Insbesondere bei Bestellungen über einen Gastzugang muss ein Widerruf aber ohne vorherigen Login gewährleistet sein. Dies zwingt Unternehmen, die Funktion dauerhaft für alle Website-Besucher sichtbar zu machen, was Missbrauch begünstigen und rechtlich problematisch sein kann.

Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass nicht in jedem Fall ein Widerrufsrecht greift. Unternehmen sollten die gesetzlichen Ausnahmen vom Widerrufsrecht (§ 312g Abs. 2 BGB) daher genau prüfen.

Zudem bleibt unklar, wie mit Verträgen umzugehen ist, die über Plattformen Dritter abgeschlossen wurden – hier ist der Unternehmer auf die technische Mitwirkung der Plattformbetreiber angewiesen. Ebenfalls nicht klar geregelt wird die Möglichkeit eines Teilwiderrufs, sodass Unternehmen hierfür eigene Lösungen schaffen müssen. Schließlich fehlt eine klare Vorgabe, welche Daten zur Vertragsidentifizierung erhoben werden dürfen, was eine Abwägung zwischen Rechtssicherheit und datenschutzrechtlicher Zulässigkeit erforderlich macht.
 

Was droht bei Verstößen gegen die neue Pflicht?

Stellt ein Unternehmen den Widerrufsbutton nicht oder nicht rechtzeitig zum 19. Juni 2026 bereit, drohen neben wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen durch Verbände oder Konkurrenten auch empfindliche Sanktionen: Gem. Art. 246e EGBGB ist das Nicht-Vorhalten des Widerrufsbuttons eine Verletzung von Verbraucherinteressen (sofern es sich um einen weitverbreiteten bzw. weitverbreiteten Verstoß mit EU-Dimension handelt) und kann mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro bzw. in Höhe von 4 % des Jahresumsatzes geahndet werden. Die Ordnungswidrigkeit kann jedoch nur im Rahmen einer sog. koordinierten Durchsetzungsmaßnahme geahndet werden, d.h. dass hier Behörden aus unterschiedlichen Mitgliedstatten bei der Ahndung zusammenarbeiten. Zudem kann sich ein nicht ordnungsgemäß informierter Verbraucher auf ein fortbestehendes Widerrufsrecht berufen – mit potenziell weitreichenden Folgen für Vertragsbindung und Rückabwicklung.
 

Nicht zu verwechseln: Widerrufsbutton und Kündigungsbutton

Die Parallelen des Widerrufsbuttons zum Kündigungsbutton sind offensichtlich: Beide Vorschriften verlangen eine hervorgehobene Schaltfläche, eine Eingabemaske sowie eine digitale Bestätigung. Beide zielen darauf ab, digitale Ausstiegshürden zu senken. Daher ist nicht auszuschließen, dass die strenge Rechtsprechung zum Kündigungsbutton auch auf den Widerrufsbutton übertragen wird.

Aber: Der Kündigungsbutton gilt nur für Dauerschuldverhältnisse (z. B. Streamingdienste, Abos), die durch eine Kündigung für die Zukunft (und nicht rückwirkend) beendet werden. Der Widerrufsbutton hingegen betrifft alle Arten von Fernabsatzverträge, für die ein Widerrufsrecht gilt. Der Widerruf führt zur kompletten Rückabwicklung des Vertrags. Damit unterscheiden sich die beiden Vorschriften in ihrem Anwendungsbereich und ihrer rechtlichen Wirkung deutlich – auch wenn sie funktional ähnlich erscheinen.
 

Was Unternehmen jetzt tun sollten

Die neue Pflicht betrifft alle Unternehmen, die Verbraucherverträge über Online-Benutzeroberflächen abschließen – etwa Webshops, Kundenportale oder Vergleichsplattformen. Diese sollten schnellstmöglich noch vor Juni 2026:

  1. ihre Vertragsprozesse prüfen: Welche Transaktionen sind betroffen?
  2. die Online-Struktur anpassen: Schaltfläche, Formular, Bestätigungsfunktion integrieren
  3. automatisierte Eingangsbestätigungen rechtssicher gestalten;
  4. Informationspflichten (insb. Widerrufsbelehrung) und Datenschutzhinweise überarbeiten.

Der neue § 356a BGB markiert einen weiteren Schritt hin zu einem europaweit harmonisierten digitalen Verbraucherschutz. Wer die Umsetzung verschleppt, riskiert nicht nur Abmahnungen und hohe Bußgelder, sondern auch anhaltende Widerrufsrechte seiner Kunden. Wir raten daher dazu, die rechtskonforme Umsetzung rechtzeitig anzugehen.
 

Über die Autor:innen

Christina Kufer ist Counsel im Fieldfisher Office in Berlin und berät im Bereich Intellectual Property. Ihre Beratung erstreckt sich insbesondere auf die Bereiche Wettbewerbs-, Marken-, Urheber- und Designrecht sowie auf Fragestellungen zu eCommerce- und Verbraucherschutzthemen.

Sara Bandehzadeh ist Partnerin im Fieldfisher Office in Hamburg und berät zu sämtlichen Fragen des Unternehmens- und Wirtschaftsrechts, in den vergangenen Jahren schwerpunktmäßig im Handels- und Vertriebsrecht.

Silke Goschler ist Partnerin im Fieldfisher Office in München und berät nationale und internationale Unternehmen im Bereich Handels- und Vertriebsrecht.

Mitarbeit an diesem Insight: Jan Delius (Wissenschaftlicher Mitarbeiter)