Öffentlicher Auftrag nach Absprache? Bundeskartellamt verhängt Bußgeld in Höhe von EUR 10,5 Millionen wegen Submissionsabsprachen
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Öffentlicher Auftrag nach Absprache? Bundeskartellamt verhängt Bußgeld in Höhe von EUR 10,5 Millionen wegen Submissionsabsprachen

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Das Bundekartellamt (BKartA) hat am 13. Mai 2025 bekanntgegeben, dass es zwischen sieben Straßenreparaturunternehmen Absprachen über die Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren verschiedener Kommunen und Landestraßenbaubehörden gegeben hat.

Dabei hatten sich die Unternehmen im Vorfeld der Ausschreibung darauf verständigt, wer den jeweiligen Auftrag erhalten soll und in vielen Fällen Schutzangebote – das heißt in der Regel relativ gesehen teurere Angebote – abgegeben, die sicherstellen sollten, dass das zuvor ausgewählte Unternehmen den Auftrag erhält (Submissionsabsprache). Die Aufträge umfassten Volumina zwischen EUR 40.000 bis EUR 200.000. Dem Bußgeldbescheid, der auf insgesamt EUR 10,5 Millionen festgesetzt wurde, ging im Jahr 2019 unter anderem eine Durchsuchung voraus.

Nach den Ermittlungen des BKartA kam es zwischen 2016 und 2019 in mehreren Ausschreibungsverfahren in insgesamt fünf Bundesländern (Brandenburg, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern) zu kartellrechtswidrigen Absprachen zwischen den beteiligten Unternehmen. Dabei war nicht jedes Unternehmen an jeder einzelnen Absprache beteiligt. In mehreren Fällen teilten sich die Kartellanten die Landkreise untereinander auf, um im Vorfeld festzulegen, welches Unternehmen bei welcher Ausschreibung den Zuschlag erhalten sollte. Die Abstimmungen erfolgten teilweise unter Verwendung von Codesprache, etwa zur Festlegung, welche Unternehmen überhaupt Angebote abgeben sollten und welche Mindestpreise die Schutzangebote überschreiten mussten, um keine realistische Zuschlagschance zu haben. Um die Korrespondenz zu verschleiern, gaben die Unternehmen mitunter vor, sie hätten sich über die Gründung einer Bietergemeinschaft verständigt oder einander für Unteraufträge angefragt.

In anderen Fällen wurden auch telefonisch oder bei persönlichen Treffen Vereinbarungen getroffen – bei großen Vergabeverfahren entschied mitunter das Los über den Erhalt des Zuschlags.
 

Wer ist betroffen von Submissionsabsprachen?

Zum einen treten durch Submissionsabsprachen typischerweise materielle Schäden für die öffentliche Hand auf, die durch verzerrte Angebote den Zuschlag nicht an das "wirtschaftlichste" Unternehmen vergibt, obwohl so die gesetzliche Vorgabe lautet (vgl. § 97 Abs. 1 GWB).  Damit soll sichergestellt werden, dass qualitativ gute Arbeit zu möglichst günstigen Konditionen beschafft wird. Die öffentliche Hand ist grundsätzlich und damit auch bei Vergabeverfahren an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden (vgl. etwa Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG, § 6 Abs. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz, § 7 Abs. 1 Bundeshaushaltsordnung).

Submissionsabsprachen bergen darüber hinaus das Risiko finanzieller Schäden für Konkurrenzunternehmen, die für den ausgeschriebenen Auftrag nicht berücksichtigt wurden und für Nachfrager, die höhere Preise auf dem Angebotsmarkt zahlen müssen. Denn Submissionsabsprachen können auf den betroffenen Märkten zu einer Anhebung des Preisniveaus führen. Die Preisbildung wird dadurch verzerrt, dass selbst unwirtschaftlich arbeitende Unternehmen lukrative Aufträge erhalten und sich somit trotz fehlender Effizienz am Markt halten können. Gleichzeitig werden innovative Anbieter, die sich nicht an den Kartellabsprachen beteiligen, systematisch benachteiligt.
 

Rechtliche Einordnung

Submissionskartelle unterfallen dem Kartellverbot des § 1 GWB und des Art. 101 Abs. 3 AEUV. Ob sie tatsächlich zu einer Beschränkung des Wettbewerbs führen oder gar zu einem Schaden des Auftraggebers ist nicht entscheidend.

Neben dem zugrundeliegenden Kartellrechtsverstoß weisen die Absprachen auch eine strafrechtliche Dimension auf: Submissionsabsprachen können nach § 298 StGB und § 263 StGB strafbar sein.

Der aktuelle Fall tritt neben einige weitere Bußgeldverfahren des BKartA wegen Submissionsabsprachen. Bereits im Jahr 2023 verhängte die Behörde Bußgelder in Höhe von knapp EUR 1 Million gegen Dortmunder Straßenbauunternehmen. Auch in diesem Verfahren wurden die Angebote in mehreren hundert Vergabeverfahren mit einem Gesamtauftragsvolumen von EUR 18 Millionen auf der Basis von Absprachen abgegeben. Im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung zur Sanierung der Zoobrücke in Köln kam es ebenfalls zu kartellrechtswidrigen Absprachen im Vorfeld zur Einreichung der Vergabeunterlagen. Das BKartA setzte ein Bußgeld von EUR 2,79 Millionen gegen die betreffenden Unternehmen fest.
 

Kommentar und Ausblick

Der Fall zeigt, dass die Vergabestellen die Vergabeunterlagen der Unternehmen mit wachsamem Blick prüfen sollten, um etwaige Hinweise auf Absprachen zu identifizieren. Diese zu erkennen ist in der Regel nicht einfach. Unterstützung bietet hierbei die Informationsbroschüre des BKartA „Wie erkennt man unzulässige Submissionsabsprachen?“ Auch Unternehmen können die Broschüre im Rahmen ihrer Compliance-Arbeit nutzen, um Verstöße frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.
 

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Kartellrecht