Out of Home – oder doch nicht?
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Insight

Out of Home – oder doch nicht?

A brightly lit, modern urban plaza at night with buildings on both sides. In the center, there is a large blank digital billboard. People are walking around, and a few trees and outdoor seating areas are visible. The ground is wet, reflecting the lights.

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Ein juristischer Blick auf den Marketingtrend Fake Out-of-Home

Ikonische Werbeplätze im öffentlichen Raum kennen wir alle: Die roten Doppeldeckerbusse in London, die großen Werbetafeln in den Hauptbahnhöfen in Hamburg, Köln oder München, ein Spreeschiff vor dem Bundeskanzleramt. Solche besonderen Werbeplätze kosten viel Geld. Dass das in Zeiten von Künstlicher Intelligenz und viralen Social Media Kampagnen nicht unbedingt sein muss, zeigt der Marketingtrend Fake Out-of-Home Werbung (FOOH).
 

Was ist Fake Out-of-Home Werbung?

Immer öfter sieht man im Internet und den sozialen Medien Werbekampagnen, die aussehen wie klassische Out-of-Home Werbung, in Wirklichkeit aber digitale Fiktion sind. Anders als klassische Plakatwerbung existieren diese Kampagnenmotive nicht real bzw. physisch auf Werbeflächen im urbanen Raum, sondern nur in digital bearbeiteten Bildern oder Videos. Dabei sind die Umgebung, die Gebäude und abgebildeten Menschen durchaus echt, lediglich das zu bewerbende Produkt ist hineineditiert – nicht selten so täuschend echt, dass Betrachter zweimal hinschauen müssen. Genau das macht FOOH-Kampagnen so wirkungsvoll: Die Illusion weckt Neugier und sorgt für mehr Aufmerksamkeit.

In Großbritannien ließ die Kosmetikfirma Maybelline etwa für die "Sky High Mascara" eine Londoner U-Bahn mit überdimensionalen Wimpern unter einem Wimpernbürstchen durchfahren und erzeugte so den Eindruck einer Beauty-Installation mitten in der Stadt.

Bild: Maybelline New York

Und Bitburger "sprengte" zur EM 2024 gar das Berliner Olympiastadion und ließ eine Bierflasche emporwachsen (zum Werbespot: https://www.youtube.com/watch?v=mk97hqMJp4Y).

Bei so viel Illusion profitieren Unternehmen von niedrigen Kosten, kreativer Freiheit und einem hohen viralen Potenzial. Doch während die kreative Umsetzung fast keine Grenzen kennt, sind rechtlich einige Dinge zu beachten.
 

Urheberrecht: Grenzen der Panoramafreiheit

FOOH-Kampagnen nutzen häufig bekannte Gebäude, Kunstwerke oder Architektur und integrieren sie in ihre Motive. So beispielsweise in der Kampagne von The North Face, in der dem ikonischen Big Ben eine gelbe Winterjacke gegen den grauen Londoner Winter angezogen wurde:

(Bild: JD Official)

Doch viele Bauwerke sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt vor allem für jüngere Architektur, da das Urheberrecht erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (also in der Regel des Architekten) erlischt.

In Deutschland erlaubt die sogenannte Panoramafreiheit (§ 59 UrhG) zwar das Fotografieren und Veröffentlichen von Bauwerken und Kunstwerken, die dauerhaft im öffentlichen Raum stehen. Das gilt jedoch nur mit wichtigen Einschränkungen:

  • Die Bildaufnahmen müssen von öffentlichem Grund aus erfolgen, also etwa von einem Platz oder einer Straße aus.
  • Hindernisse, die die freie Sicht auf das Bauwerk versperren, dürfen nicht mit Hilfsmitteln umgangen werden (das meint etwa die Nutzung von Leitern, um über einen Zaun zu blicken).

Besondere Vorsicht gilt außerdem bei Luftbildaufnahmen: In einem Grundsatzurteil hat der Bundesgerichtshof im Oktober 2024 entschieden, dass die Panoramafreiheit nicht für Drohnenaufnahmen gilt. In dem Fall ging es um Luftbildaufnahmen von Kunstinstallationen, die dann in einem Bildband verwertet wurden.  Da die Bilder aus der Luft und damit nicht von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus angefertigt wurden, kann die Ausnahme der Panoramafreiheit laut BGH nicht greifen. Es handle sich bei solchen Ansichten nicht um einen Teil des von der Allgemeinheit wahrnehmbaren Straßenbilds, sodass die Interessen des Urhebers an einer wirtschaftlichen Nutzung seines Werks zu partizipieren, überwiegen. Im Ergebnis ist die Panoramafreiheit also nur eine eng auszulegende Ausnahmeregelung.

Ein weiteres urheberrechtliches Problem stellt sich, wenn Bauwerke digital bearbeitet oder verfremdet werden, wie das etwa bei der erwähnten Big Ben-Werbung der Fall war. Auch dadurch können Urheberrechte verletzt werden.

Unternehmen sollten daher sorgsam prüfen, ob und wie sie geschützte Bauwerke in FOOH-Kampagnen einbinden.
 

Wettbewerbsrecht und KI-Verordnung: Irreführungen vermeiden

FOOH-Werbung lebt davon, möglichst realistisch zu wirken. Der Grat zwischen Illusion und Irreführung ist aber durchaus schmal: Aus lauterkeitsrechtlicher Sicht könnte durch solche Werbekampagnen der Eindruck entstehen, dass die Motive tatsächlich im öffentlichen Straßenraum gezeigt werden. Häufig dürfte es dann aber an der notwendigen geschäftlichen Relevanz einer solchen Fehlvorstellung fehlen: Kaum ein Verbraucher würde wohl die Maybelline-Wimperntusche kaufen, weil die Wimpern der Londoner U-Bahn so schön getuscht waren. Ein Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht liegt dann nicht vor.

Anders könnte es aussehen, wenn durch den Bezug zu öffentlichen Bauwerken oder Institutionen der Eindruck einer geschäftlichen Verbindung entsteht. Das kann insbesondere dann eine Rolle spielen, wenn ein Wettbewerber dieselbe Werbefläche im echten Leben für viel Geld bespielt und seine eigene Kampagne durch die FOOH-Werbung des anderen verwässert wird. Ein Transparenzhinweis in den Werbespots, dass es sich nicht um eine reale Darstellung handelt, kann hier Klarheit schaffen.

Beim Einsatz künstlicher Intelligenz müssen Unternehmen zudem auf die neuen Transparenzpflichten der europäischen KI-Verordnung achten. Art. 50 Abs. 4 der KI-Verordnung verlangt, dass Betreiber eines KI-Systems, das Bild-, Ton- oder Videoinhalte erzeugt, die Deepfakes sind, offenlegen müssen, dass diese Inhalte künstlich erzeugt bzw. manipuliert wurden. Deepfakes sind Inhalte, die realen Personen oder Orten ähneln und dadurch den falschen Eindruck erwecken können, echt zu sein. Die Kennzeichnung muss in klarer und eindeutiger Weise in unmittelbarer Nähe zum jeweiligen Deepfake-Inhalt erfolgen.
 

Markenrecht: Fremde Marken in der FOOH-Werbung

Ein weiteres Risiko besteht im Bereich des Markenrechts. Wenn fremde Marken, etwa als Logos auf Gebäuden oder Werbeschildern im Straßenbild (unbeabsichtigt) in eine FOOH-Kampagne geraten, sind Markenverletzungen denkbar. Entscheidend ist dabei aber immer, dass eine Marke auch markenmäßig, das heißt insbesondere herkunftshinweisend benutzt werden muss. Eine bloß dekorative oder beschreibende Markennutzung stellt keine Markenverletzung dar. Wird eine fremde Marke aber prominent (mit) in Szene gesetzt, z.B. um den eigenen Werbeeffekt zu verstärken, kann dies eine Markenrechtsverletzung darstellen.

Schon im Interesse der eigenen Brand sollten fremde Zeichen und Logos aus der Kampagne besser entfernt werden.
 

Recht am eigenen Bild: Persönlichkeitsschutz beachten

FOOH-Kampagnen können zudem auch persönlichkeitsrechtliche Fragen aufwerfen. Wenn Personen erkennbar dargestellt werden, können das sog. Recht am eigenen Bild und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) betroffen sein. Grundsätzlich dürfen Bilder von Personen nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, wie sich aus § 22 Kunsturhebergesetz (KUG) ergibt. § 23 Nr. 2 KUG nennt allerdings eine Ausnahme: Wenn Personen in Bildern nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen, bedarf es keiner Einwilligung. Das gilt auch, wenn ein solches Bild zu Werbezwecken genutzt wird. Entscheidend ist, dass die Person sich nur zufällig in der Umgebung befindet und hinter dem Hauptmotiv des Bildes zurücktritt.
 

Fazit

Fake Out-of-Home Werbung bietet Unternehmen spannende Möglichkeiten für kreative und kostengünstige Kampagnen mit hoher Reichweite. Bei all der Illusion gilt aber: Es gibt einige rechtliche Grenzen, die bei der Erstellung von FOOH-Werbespots beachtet werden sollten, um teure Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Unternehmen sollten die Rechtesituationen vorab genau klären und auf die notwendigen Transparenzpflichten achten.