Locations
Wie schon in den letzten Jahren werden auch im Jahr 2025 wieder zahlreiche EU-Verordnungen und in nationales Recht umgesetzte Richtlinien in Deutschland in Kraft treten bzw. zu beachten sein. Generell verfolgen die Regelungen das Ziel, den Binnenmarkt zu stärken, die Rechte von Verbrauchern zu schützen und nachhaltige Geschäftspraktiken zu fördern. Nachfolgend erfolgt daher eine kurze Übersicht über die wichtigsten Themen im Bereich Commercial, insbesondere also im Vertriebs- und Handelsrecht, Verbraucherschutz- und Produktrecht, die Unternehmen im Jahr 2025 auf dem Schirm haben sollten:
1. Richtlinie zur Förderung der Reparatur von Waren, “Recht auf Reparatur”
Die Richtlinie stärkt das Recht auf Reparatur innerhalb der EU. Sie verpflichtet insbesondere Hersteller, für bestimmte Produkte nicht nur während der Gewährleistungsfrist, sondern auch danach, Reparaturdienste inkl. klarer und zugänglicher Informationen dazu anzubieten. Bei den betroffenen Produkten handelt es sich insbesondere um Haushaltsgroßgeräte, aber auch Mobiltelefone und Tablets. Neben den produktspezifischen Regelungen wird die Richtlinie zu Veränderungen im allgemeinen Kaufrecht führen. Diese Initiative folgt der Strategie der EU, den Lebenszyklus von Produkten zu verlängern und Abfall zu reduzieren.
Wichtige Aspekte:
- Angebot von Reparaturmöglichkeiten: Angebot kostengünstiger Reparaturen für bestimmte Produkte, v. a. durch Hersteller.
- Verpflichtung zur Bereitstellung von Informationen: Hersteller müssen Informationen zu Reparaturmöglichkeiten der Produkte bereitstellen.
- Verlängerung der Verjährungsfrist: Die Verjährungsfrist der Gewährleistungsrechte wird bei Reparaturen (Nachbesserung) während der Gewährleistungsfrist um 1 Jahr verlängert.
- Anbieten von Ersatzgeräten: Verbraucher erhalten das Recht, Ersatzgeräte während der Reparaturzeit in Anspruch zu nehmen.
📌 Zeitplan: Umsetzung in nationales Recht bis spätestens 31. Juli 2026.
2. Data Act
Der Data Act (Verordnung (EU) 2023/2854) ist eine bedeutende Neuregelung, die darauf abzielt, den freien Fluss von Daten im Binnenmarkt zu gewährleisten und die Rechte von Unternehmen und Verbraucher*innen zu schützen. Diese Verordnung befasst sich mit der Nutzung, Speicherung und dem Austausch von Daten und fördert die Interoperabilität zwischen verschiedenen Datendiensten. Die größten Neuerungen bringt der Data Act für nicht-personenbezogene Daten.
Wichtige Aspekte:
- Anwendungsbereich: Relevant für alle vernetzten Produkte und verbundenen Dienste, die in der EU auf den Markt gebracht werden.
- Notwendige Vertragsanpassungen: Es müssen vertragliche Regelungen zur Datennutzung getroffen werden.
- Erforderlichkeit einer Datennutzungsvereinbarung: Hersteller und Softwareanbieter können Maschinendaten aus der Nutzung ihrer Produkte künftig nur mit vertraglicher Erlaubnis des jeweiligen Nutzers des Produktes nutzen (Datennutzungsvereinbarung).
- Weitergabe entlang der Vertriebskette: Die Datennutzungsvereinbarung muss entlang der gesamten Vertriebskette weitergegeben werden oder “Direktlösungen” müssen entwickelt werden.
📌 Zeitplan:
- Gilt ab 12. September 2025 (ohne weiteren Umsetzungsakt)
- Ab 12. September 2026 treten die Bestimmungen zum direkten Datenzugang für Nutzer in Kraft.
3. Ökodesign-Verordnung
Die EU hat mit der Ökodesign-VO (Verordnung (EU) 2024/1781) einen neuen Rahmen für nachhaltige Produkte geschaffen. Die Verordnung, die Teil des European Green Deals ist, soll die Kreislaufwirtschaft stärken, den CO₂-Fußabdruck reduzieren und nachhaltiges Produktdesign fördern. Sie ersetzt die bisherige Ökodesign-Richtlinie und bringt weitreichende Änderungen für Hersteller, Importeure und Händler mit sich.
Wichtige Aspekte:
- Erweiterter Anwendungsbereich: Gilt für nahezu alle körperlichen Waren, ausgenommen z. B. Lebensmittel, Arzneimittel und Kraftfahrzeuge.
- Nachhaltigkeitsanforderungen: Produkte müssen langlebiger, reparierbar und ressourcenschonender sein; delegierte Rechtsakte regeln Details.
- Digitaler Produktpass: Verpflichtende Informationen zu Materialzusammensetzung, CO₂-Fußabdruck, Reparierbarkeit u. a.
- Verbot der Vernichtung unverkaufter Verbraucherprodukte: Zunächst für Bekleidung und Schuhe, Erweiterung möglich.
- Sanktionen: Mitgliedstaaten müssen Strafen festlegen; mögliche Geldbußen und Haftungsregelungen für Hersteller, Importeure und Fulfillment-Dienstleister.
📌 Zeitplan (u.a.):
- 18. Juli 2024: Inkrafttreten der Verordnung, bestehende Regeln der Ökodesign-Richtlinie bleiben teilweise bis 2026/2030 gültig.
- 19. Juli 2025: Erster delegierter Rechtsakt kann in Kraft treten, mit 18 Monaten Übergangsfrist für betroffene Unternehmen.
- 19. Juli 2026: Digitales Produktregister wird errichtet; Verbot der Vernichtung unverkaufter Produkte tritt in Kraft.
- 19. Juli 2030: Verbot der Vernichtung unverkaufter Produkte gilt auch für mittelgroße Unternehmen.
4. Produkthaftungsrichtlinie
Die neue EU-Produkthaftungsrichtlinie EU 2024/2853 ersetzt die fast 40 Jahre alte Richtlinie 85/374/EWG und modernisiert das Produkthaftungsrecht, um es an technologische Entwicklungen und globale Lieferketten anzupassen. Sie verschärft die Haftung für Hersteller und Vertreiber und erleichtert Verbrauchern die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen.
Wichtige Aspekte:
- Verschuldensunabhängige Haftung: Unternehmen haften für fehlerhafte Produkte ohne Nachweis von Fahrlässigkeit oder Vorsatz.
- Anpassung an digitale Produkte: Software, KI-Produkte und Cybersecurity-Mängel fallen unter die Produkthaftung.
- Erweiterte Schadensdefinition: Auch Datenverluste und -verfälschungen sind ersatzfähig, Selbstbehalte und Haftungshöchstgrenzen entfallen.
- Erweiterter Haftungskreis: Neben Herstellern können auch Softwareentwickler, Fulfillment-Dienstleister und unter bestimmten Bedingungen Einzelhändler haftbar gemacht werden.
- Erleichterung der Beweislast: Beweisvermutungen zugunsten der Verbraucher, insbesondere bei komplexen Produkten.
- Neue Offenlegungspflichten: Unternehmen können zur Herausgabe relevanter Beweise verpflichtet werden.
📌 Zeitplan:
- 8. Dezember 2024: Inkrafttreten der neuen Richtlinie.
- Bis 9. Dezember 2026: Umsetzung in nationales Recht durch die EU-Mitgliedstaaten.
5. Carbon Border Adjustment Mechanism (“CBAM”)
Mit dem CBAM (Verordnung (EU) 2023/956) führt die EU einen CO₂-Preis für importierte Waren ein, um fairen Wettbewerb sicherzustellen und klimafreundlichere Produktionsprozesse auch außerhalb der EU zu fördern. Die Umsetzung erfolgt schrittweise bis zur vollständigen Anwendung ab dem 1. Januar 2026.
Wichtige Aspekte:
- Betroffene Sektoren: Betroffen sind zunächst energieintensive Branchen wie Zement, Aluminium, Eisen und Stahl, Düngemittel, Elektrizität und Chemikalien (insbesondere Wasserstoff).
- Berichtspflichten: Unternehmen sind verpflichtet, während der Übergangsphase (2023 bis 2025) quartalsweise über importierte Waren und die damit verbundenen CO₂-Emissionen zu berichten.
- Kostenangleichung: Importierte Produkte sollen denselben CO₂-Kosten unterliegen wie in der EU hergestellte Waren, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und nachhaltige Lieferketten zu fördern.
- Vermeidung von Carbon Leakage: Der CBAM dient dazu, die Verlagerung von CO₂-intensiver Produktion in Länder mit weniger strikten Klimaschutzauflagen zu verhindern.
📌 Zeitplan
- Oktober 2023 bis Ende 2025: Übergangsphase; Unternehmen müssen quartalsweise Berichte über importierte Waren und deren CO₂-Emissionen erstatten.
- Ab 2026: Vollständige Implementierung des CBAM; neben der Berichterstattung werden finanzielle Abgaben auf CO₂-Emissionen von importierten Waren erhoben.
6. Batterie Verordnung
Die Batterieverordnung (Verordnung (EU) 2023/1542) schafft einen harmonisierten Rechtsrahmen für die Herstellung, Nutzung und Entsorgung von Batterien in der EU. Ziel ist die Reduzierung der Umweltbelastung durch ein gestaffeltes Pflichtenprogramm für Unternehmen bis 2036
📌 Wichtige Aspekte und Zeitplan (u.a.)
- Kennzeichnungspflichten:
- 18. August 2024: Bestimmte Kennzeichnungspflichten, Konformitätserklärung
- 18. August 2025: Mülltonnensymbol für getrennte Sammlung
- 18. Februar 2027: QR-Code für batteriebezogene Informationen, Batteriepass
- Sonstige Pflichten:
- 18. August 2024: Erfassung von Alterung und Lebensdauer in Managementsystemen
- 18. August 2025: Sorgfaltspflichten für Unternehmen
- 18. Februar 2027: Entfernbarkeit und Austauschbarkeit von Geräte- und LV-Batterien
7. Barrierefreiheit
Durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und den 2. Medienänderungsstaatsvertrag (2.MÄStV) erfolgt in Deutschland die nationale Umsetzung des European Accessibility Act (Richtlinie (EU) 2019/882) und ergänzt bestehende Regelungen zur Barrierefreiheit. Sie zielen darauf ab, die Rechte von Menschen mit Behinderungen weiter zu stärken, indem Unternehmen ab 28. Juni 2025 dazu verpflichtet werden, bestimmte Produkte und Dienstleistungen in Deutschland für Menschen mit Behinderungen barrierefrei zu gestalten.
Wichtige Aspekte:
- Betroffene Produkte: Verbraucherhardware (Computer, Smartphones), Selbstbedienungsterminals (Geldautomaten, Fahrkartenautomaten), manche interaktive Verbraucherendgeräte (Konsolen, Smart-TVs), E-Book Lesegeräte
- Betroffene Dienstleistungen: Telekommunikationsdienste (Telefonie, Messenger), Teile von Personenbeförderungsdiensten (Apps, E-Tickets), Bankdienstleistungen, Elektronischer Geschäftsverkehr (i.E. der gesamte Onlinehandel), Zugangsdienste zu audiovisuellen Medien
- Mögliche Folgen bei Non-Compliance: Bußgelder, Produktrückrufe und Untersagungsverfügungen, wettbewerbsrechtliche Nachteile, zivilrechtliche Risiken, Reputationsverlust
📌 Zeitplan: Die Vorschriften gelten nach dem 27. bzw. 28. Juni 2025.