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OLG Düsseldorf bestätigt Lücke im deutschen Recht zum Tondachziegel-Kartell
OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 29. Mai 2015 das Bußgeld in Höhe von rund € 42 Mio. gegen zwei Hersteller von Tondachziegeln bestätigt. Nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf entfallen nun € 70 Mio. Bußgeld wegen einer Lücke im deutschen Recht bei Rechtsnachfolge.
Tondachziegel-Kartell
Im Jahr 2006 hatten sich nach den Feststellungen des Bundeskartellamtes neun Hersteller von Tondachziegeln abgesprochen, für Energiekostensteigerungen einen entsprechenden Zuschlag auf ihre Preise für Tondachziegel vorzunehmen. Darüber hinaus vereinbarten fünf der Unternehmen im selben Jahr eine Preiserhöhung bei Biberschwanzziegeln. Das Bundeskartellamt verhängte zunächst Ende 2008 und Anfang 2009 Bußgelder in Höhe von € 165 Mio. gegen die neun Hersteller und weitere beteiligte natürliche Personen. Das Bußgeld war nach Angaben des Bundeskartellamts zur Abschreckungswirkung so hoch angesetzt. Der Markt für Tondachziegel hatte zum Zeitpunkt der Verhängung der Bußgelder ein Marktvolumen von mehr als einer Milliarde Euro.
Bußgeldfreiheit wegen Umstrukturierung
Fünf der Unternehmen akzeptierten die Bußgeldbescheide. Vier weitere Betroffene legten Rechtsmittel ein. Gegen zwei der Unternehmen entschied das OLG Düsseldorf nun, dass die Bußgelder in Höhe von € 42 Mio. rechtskräftig seien. Die weiteren zwei Unternehmen wurden während des Einspruchsverfahrens veräußert bzw. umstrukturiert. Das OLG Düsseldorf entschied, dass das Bußgeld in Höhe von € 70 Mio. gegen diese umstrukturierten Unternehmen nicht verhängt werden könne.
Herr Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, führte dazu aus: "Wir begrüßen es, dass die Kartellverstöße nunmehr rechtskräftig festgestellt sind. (…) Auch wenn in diesem Fall noch die alte Gesetzeslage zur Anwendung gekommen ist, wirft das Urteil einmal mehr ein Schlaglicht auf eine Gesetzeslücke, die es den Kartellbeteiligten ermöglicht, sich durch interne Umstrukturierungen dem Bußgeld zu entziehen."
Gesetzeslücke
Im Sommer diesen Jahres gab es bereits einen ähnlichen Fall. Das Bundeskartellamt verhängte im Jahr 2009 Bußgelder gegen Hersteller von Trockenmörtel, unter anderem gegen die maxit Deutschland GmbH und St. Gobain Weber. St. Gobain Weber übernahm wenige Monate nach Abschluss des Kartellverfahrens die maxit Deutschland GmbH. Der BGH entschied als letzte Instanz im Jahr 2014, dass die Voraussetzungen für die Verhängung einer Geldbuße gegen die Rechtsnachfolgerin St. Gobain Weber nicht vorlägen, da eine "Nahezu-Identität" zwischen dem Vermögen der verschmolzenen Gesellschaft und dem der Rechtsnachfolgerin nicht gegeben sei.
Dokumente
Pressemitteilung des Bundeskartellamts vom 15. Juni 2015 zu Bußgeldern für Tondachziegel-Kartell:
Praktikerhinweis Dr. Dethof
Die Entscheidung zeigt auch nach den aktuellen Entwicklungen im Verfahren gegen Wursthersteller und der oben genannten Entscheidung des BGH zu Trockenmörtel, dass die Lücke im deutschen Recht weiterhin ein Thema ist. Die Lücke wurde durch die 8. GWB-Novelle nur zum Teil geschlossen. Das hatte das Bundeskartellamt im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens mehrfach kritisiert. Es bleibt abzuwarten, ob und wann der Gesetzgeber die Lücke schließen wird.